Sehr geehrter Herr Präsident,
namens und im Auftrag des Bundesverbandes der Steuerberater darf ich Sie bitten, das o.g. Gesetz nicht zu behandeln sondern entweder von der Tagesordnung abzusetzen oder nur die ursprünglichen Inhalte zum Gegenstand der Beschlußfassung zu machen.
Der ursprüngliche Gesetzestext hat offensichtlich mit dem in der Sitzung zu behandelnden Gesetzestext, der in der Ausschußempfehlung jedenfalls öffentlich noch nicht zugänglich ist, kaum etwas gemein. Insbesondere enthielt er nicht die Änderung der (steuerlichen) Abgabenordnung zur Anpassung an die EU Datenschutz Grundordnung, für deren Umsetzung bis Mai 2018 Zeit ist. Auch über die Internet-Seite des BMF wird die erhebliche Erweiterung des Gesetzentwurfes, der jetzt ein klassisches Omnibus-Gesetz darstellt, nicht ersichtlich. Damit wird dem Deutschen Bundestag ein "Kuckucksei" untergeschoben.
Während die Änderung des Bundesbesoldungsgesetzes sicher keine Stellungnahme des Bundesverbandes der Steuerberater bedingt hätte, ergibt sich aus den Sachverständigenanhörungen im Ausschuss für Arbeit und Soziales, dass eine Vielzahl von kritisch zu beurteilenden Änderungen der Abgabenordnung seitens der Bundesregierung in das Gesetz "hineingeschoben" wurden, die der (zeitlich unkritischen) Anpassung der Abgabenordnung an die EU Datenschutz-Grundverordnung dienen soll. Die Änderungsvorschläge des BMF greifen, wie sich aus den schriftlichen Stellungnahmen der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Freien und Hansestadt Hamburg ergibt, in intensiver Weise in die Verfahrensrechte der Steuerpflichtigen ein. Eine offensichtlich dringend erforderliche fachliche Diskussion über die Mindestanforderungen der Datenschutz Grundverordnung und die Abwägung zwischen den berechtigten Interessen der Finanzverwaltungen und der Steuerpflichtigen wurde durch das "Geheimverfahren" verhindert.
Frau Abgeordnete Horb hat zwar verdienstvollerweise an der Anhörung des Arbeits- und Sozialausschusses am vergangenen Montag teilgenommen und konnte dem Bundesdatenschutzbeauftragten eine einzige Frage stellen. Dies reicht angesichts der den Gutachten der Datenschutzbeauftragten zu entnehmenden Kritik an einer Vielzahl von Regelungen ganz offensichtlich nicht aus.
Wir wären Ihnen, sehr geehrter Herr Präsident, dankbar, wenn Sie dazu beitragen können, dass der Deutsche Bundestag seinem Recht als Gesetzgeber nachkommen kann und zumindest die nachgeschobenen Änderungen nicht "durchgewunken" werden.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Prof. Dr. Jochen Lüdicke